Bergrutsch an der Rabenley

Sebastian Freistedt

Wir schreiben das Jahr 1974 im August. Es ist Kirmes in Oberkassel; die Junggesellen haben am Tag zuvor ihren neuen Schützenkönig ausgeschossen. Michael Vukota war damals der glückliche Schütze. Gegen die Mittagszeit des Kirmesdienstags löste sich plötzlich ein großes Stück aus der Steinbruchwand am Stingenberg, das – begleitet von einer riesigen Staubwolke – zu Tal rauschte.

Im Archiv des Heimatvereins haben wir Fotos des Ereignisses gefunden. Des Weiteren hat Michael Vukota die erste Abbildung 1 zu diesem Bericht beigesteuert. Viele Oberkasseler erinnern sich an das Ereignis, da durch die Kirmes viele Bewohner unmittelbar im Ort waren; der Schützenzug war damals gerade bei Neunkirchens auf der Büchelstraße eingekehrt.

Wir haben den alten General Anzeiger Bericht herausgesucht, der am Donnerstag, dem 22. August 1974, darüber berichtete:

Tonnenweise stürzte
Felsgestein in die Tiefe
Oberkassler Steinbrüche für
spielende Kinder große Gefahr

Die Oberkasseler Steinbrüche sind gefährlich geworden: Mehrere Tonnen verwitterten Felsgesteins stürzten vorgestern nachmittags krachend die rund 90 Meter hohe Steilwand der Rabenley hinunter und rissen dabei die von Spaziergängern häufig besuchte Felspartie vom „Panorama-Blick“ in die Tiefe, eine schwefelgelbe Staubwolke stieg über dem stillgelegten Steinbruch auf und war kilometerweit zu sehen.

Wenig später trafen Polizei und Feuerwehr im Steinbruch ein. Oberkasseler Bürger hatten sie alarmiert, weil sie befürchteten, daß spielende Kinder von den Felsmassen begraben worden waren. Das war jedoch glücklicherweise nicht der Fall. Stadtamtmann Willi Fischer allerdings wäre fast ein Opfer des Bergrutsches geworden. Minuten vor dem Absturz der Felspartie hatte er auf einer Bank gesessen, die nach dem Absturz zum Teil aus ihrer Verankerung gerissen, in gefährlicher Schräglage über dem Abgrund schwebte. Der Beamte hatte mit dem Betriebsleiter der Eigentümerin des früheren Steinbruchbetriebes an Ort und Stelle die notwendig gewordenen Sicherheitsmaßnahmen beraten. Schon in der Nacht zum Samstag waren mehrere Tonnen verwitterten Gesteins die Felswand hinuntergepoltert, Sie hatten die Anwohner der Meerhausener Straße aus dem Schlaf gerissen. Die Polizei hatte auf der Rabenley festgestellt, daß das Aussichtsplateau „Panorama-Blick“ von den Regenfällen der letzten Wochen unterspült worden war und keinesfalls mehr betreten werden durfte. Die Bonner Berufsfeuerwehr hatte daraufhin das gesamte Gelände abgesperrt. Das Ordnungsamt wurde informiert und aufgefordert, weitere Sicherheitsmaßnahem zu veranlassen.

Dies war schon deshalb notwendig, weil unterhalb der Steilwand oft Kinder spielen. Nach Auffassung der Oberkasseler Bürger ist es ein ausgesprochener Glücksfall, daß sich zur Zeit des Bergrutsches keine Kinder im Steinbruch befanden. Nicht zuletzt dürfte die Oberkasseler Kirmes ein weit attraktiverer Anziehungspunkt als der Steinbruch gewesen sein.

Fachleute, die sich die Felswand angesehen haben, vertraten die Auffassung, daß noch längst nicht alles lockere Gestein heruntergestürzt sei. Deshalb könne die derzeit vorhandene Absperrung keinesfalls als ausreichend bezeichnet werden. Die Absperrschnüre dürften Kinder nicht vom Betreten des gefährlichen Steinbruches abhalten. Auch müßten die Aussichtspunkte entlang des Rheinhöhenweges von Fachleuten überprüft werden.

 

Man sieht, es war eine große Aufruhr im Ort entstanden. Der Steinbruch ist auch bis heute nicht zur Ruhe gekommen, so stürzte noch vor zwei Jahren ein großes Stück Gestein aus der Berghovener Ley. Wir suchen auch weiterhin nach Bildern und Zeitzeugenberichten zu dem damaligen Ereignis. Wer dem Heimatverein dazu berichten möchte, kann sich an den Vorstand wenden.

Abb. 1: Eine riesige Staubwolke rauscht ins Tal.
Quelle: Michael Vukota

Abb. 2: Blick vom Bahnübergang Zipperstraße auf die Staubwolke. Quelle: Archiv H O