Die Eisenbahnen in Oberkassel

Sebastian Freistedt

Vor 100 Jahren war das Eisenbahntreiben bekanntlich noch wesentlich aktiver als heute. Machen wir uns eine Übersicht der Eisenbahnentwicklung in Oberkassel.

1864 erhielt die Rheinische Eisenbahngesellschaft die Konzession für eine rechtsrheinische Eisenbahnstrecke Niederlahnstein – Köln. 1870, kurz vor dem Deutsch-Französischen Krieg, erreichte die Strecke von Süden Oberkassel. Der Anschluss zur Strecke Deutz – Gießen am Knotenpunkt Troisdorf wurde dann während des Krieges vorangetrieben. Kriegsbedingt konnte die Strecke aber erst ab dem 15. Juli 1871 zivil genutzt werden.

Abb. 1: Oberkasseler Staatsbahnbahnhof 1906/1907. Quelle: Archiv H O

Dass Oberkassel damals überhaupt einen Bahnhof (Abb. 1) an der neuen Strecke erhielt, ist wohl auf die Tatsache zurückzuführen, dass der damalige Spezialdirektor der Rheinischen Eisenbahngesellschaft in Köln, Franz Karl Rennen (1818-1897) (Abb. 2), ein gebürtiger Oberkasseler war. Rennen legte nach dem Bau der Strecke seinen Sommersitz in Oberkassel an, da es ihm nun möglich war, von seinem Arbeitsplatz in Köln Oberkassel bequem zu erreichen. Dieser Sommersitz, ein wunderschön angelegter Landschaftspark, ging später in den Besitz der Familie Härle über und wird heute von der Stiftung Arboretum Härle gepflegt. Der Park ist eine eigene Sehenswürdigkeit in Oberkassel geworden.

Abb. 2: Franz Karl Rennen. Quelle: Archiv H O

Zunächst waren die Planungen der Eisenbahngesellschaft darauf gezielt, eine Trassenführung über die Mittelterrasse des Ortes Oberkassel zu erzielen. Erst auf Proteste der Bevölkerung und vielleicht auch auf Einwirkung Rennens wurde die Trassenführung auf einem Bahndamm am Rheinufer verlegt, was mit größeren technischen Schwierigkeiten verbunden war. So musste ein Teil der Niederterrasse vom Friedensplatz bis zur Simonstraße abgetragen werden. Dabei fiel auch ein Teil des alten Friedhofs westlich der katholischen Kirche dem Bau zum Opfer. Die nun entstandene Abbruchkante musste durch die heute noch vorhandene Mauer abgestützt werden. Der Bahndamm selber wurde dann auf einem Steindamm errichtet, der den Einflüssen von Hochwasser standhalten musste. Durch ihn verschwand zwar die schöne Aussicht, die man vom Rheinufer auf unseren Ort hatte, aber man stelle sich nur vor, wie verschandelt unser Ort heutzutage aussähe, wenn die viel befahrene DB Strecke im Bereich der Königswinterer- oder Adrianstraße verlaufen würde.

Der Bau der Eisenbahnstrecke hatte zur Folge, dass Oberkassel besser an Köln angebunden war als an Bonn, auch wenn das gleich genannte Trajekt eine Nahverkehrsverbindung in Richtung Bonn herstellte. Der Anschluss an das Eisenbahnnetz hatte weitreichende Folgen im Verkehrs- und Wirtschaftsleben des Ortes, davon zeugten später die zahlreichen Industriebetriebe, die sich im Norden ansiedelten, und die zahlreichen Direktorenvillen, die im Süden des Ortes errichtet wurden. Die Tatsache, dass die Staatsbahn erst in den 1960er Jahren elektrifiziert wurde, die Siebengebirgsbahn aber schon ab 1911 eine Oberleitung besaß, führte zu einer eigentümlichen Gewohnheit im Volksmund. So nannten die Oberkasseler den Bahnhof der Siebengebirgsbahn (es gab bis 1961 nur den Bahnhof an der Teichstraße und einen Haltepunkt in Römlinghoven) den evangelischen Bahnhof, weil die Evangelischen ja über den direkten Draht nach oben verfügten. Der Staatsbahnhof war folglicherweise der katholische Bahnhof, wo der besagte Draht fehlte.

Abb. 3: Das Trajekt wird grade von einer Lok be- oder entladen. Quelle: Archiv H O

Gleichzeitig mit der rechtsrheinischen Eisenbahnstrecke wurde in Oberkassel eine Eisenbahnfähre, ein sogenanntes Trajekt angelegt (Abb. 3). Es nahm am 11. Juli 1870 seinen Betrieb auf. Das Trajekt querte etwa auf der Höhe der heutigen Südbrücke den Rhein und verband die rechte Rheinstrecke so mit der linksrheinischen Eisenbahnstrecke. Die Trasse dieses Verbindungsgleises ist heute noch gut zu verfolgen. Nachdem es auf der Bonner Seite quer durch die heutige Rheinaue verlief (das Trajekt erreichte unmittelbar nördlich des Bismarckturms das Ufer), folgte es dem Geländeeinschnitt der Franz Josef Strauß Allee, (neben dem Posttower) unterquerte die B9 am heutigen Trajektknoten, (dadurch erklärt sich auch der eigenartige Name dieses Kreisels) und schloss dann hinter der heutigen Bundeskunsthalle parallel zur linksrheinischen Eisenbahnstrecke auf, wo es dieser bis zum Bonner Hauptbahnhof folgte. Dieses Verbindungsgleis ist im Bereich der Kaiserstraße und vor allem unter der Reuterbrücke noch deutlich erkennbar. Auch auf der Oberkasseler Rheinseite ist der ehemalige Verlauf des Zugangsgleises noch deutlich in der Landschaft sichtbar. Wenn man den Bonner Bogen am Rheinufer Richtung Norden verlässt, ist es deutlich durch die tiefe Einbuchtung des Geländes kurz vor der Südbrücke ersichtlich (Abb. 4).

Abb. 4: Luftbild der Zementfabrik 1930, in weitem Bogen darum verläuft das alte Gleis des Trajekts. Quelle: Stadt Bonn

In Ramersdorf erinnert der Name der Stichstraße „Am Trajekt“ neben dem Kreisel Oberkasseler Straße/Königswinterer Straße noch an den alten Zugang zum Trajekt. Heute kaum noch vorstellbar, war aber genau diese Straße bis zum Bau des Landgrabenweges und der Autobahn die direkte Zugangsstraße zu diesem Bereich. Die Fähre selber bestand aus einem flachen Fahrzeug mit aufmontierten Eisenbahnschienen. Vom Oberkasseler Bahnhof kommend, wurden die Wagen des Zuges mit zwei zwischen Lokomotive und Zug gespannten Wagen auf die Fähre geschoben, während sich die Lokomotive (ihr Gewicht wäre zu groß gewesen für die Fähre) samt der zwischen gespannten Verbindungswagen wieder auf das Ufer zurückzog (Abb. 3). Das Trajekt zog sich dann selbstständig an einem Stahlseil über den Rheinstrom. Auf der anderen Seite wiederholte sich das Ganze mit einer Lokomotive, die vom Bonner Hauptbahnhof kam und den Zug auch bis dorthin beförderte. Dies stellte lange den einzigen öffentlichen Personennahverkehr zwischen Oberkassel und Bonn dar. Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde der Betrieb zunächst am 2. August 1914 vorrübergehend eingestellt, danach aber auch nicht mehr aufgenommen und zum 1. Januar 1919 endgültig eingestellt. Abbildung 5 zeigt wohl die letzte Besatzung des Trajektes. Sicher hatte die bis dahin in Betrieb genommene Bonn-Beueler Brücke 1899 und der Bau der Siebengebirgsbahn 1911 ihren Teil zum Ende des Trajekts beigetragen. Das Anschlussgleis des Trajekts wurde ab 1927 als Zulieferungsgleis für die Schiffswerft Schmidt genutzt, die sich an dem alten Trajektstandort niederließ. Als diese 1977 nach Oberwinter verzog, wurde auch das Trajektanschlussgleis überflüssig.

Abb. 5: Die letzte Besatzung des Trajektes 1914. Quelle: Archiv H O

1877 wurde mit dem Bau einer Basaltbahn durch Christian Uhrmacher sen. ein weiteres Kapitel in der Oberkasseler Eisenbahngeschichte aufgeschlagen. Christian Uhrmacher war der Betreiber mehrerer Steinbrüche, die damals in Oberkassel die örtliche Industrie dominierten. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Gestein mit Pferdefuhrwerken über die Oberkasseler Straßen transportiert. Nun wurde der Transport wesentlich vereinfacht, und das Gestein gelangte auf dem Schienenweg an die Verladestellen am Rheinufer (Abb. 6) und am Staatsbahnhof.

Abb. 6: Verladestelle der Basaltbahn am Rheinufer. Quelle: Archiv H O

Allerdings wurden für den Transport zunächst auch noch Pferde vor die Loren gespannt. Erst später wurden die Pferde durch Lokomotiven (Abb. 7) ersetzt. Bei dem Trassenverlauf von den Steinbrüchen bis ins Tal musste ein großer Höhenunterschied bewältigt werden. Dies wurde gewährleistet durch einen Bremsberg.

Abb. 7: Dampflokomotive der Basaltbahn. Quelle: Archiv H O

An diesem wurde das Gestein auf einer Lore den Berg herunter gelassen, während auf dem Gegengleis eine leere Lore den Berg hinaufgezogen wurde. Der Bremsberg verlief von der oberen Holzgasse, durch das Quellchen den Hungerberg herunter, überspannte die Hosterbacher/Büchelstraße mit einer Brücke und erreichte schließlich die Mauer an der Alsstraße. Er verlief also größtenteils parallel zum heutigen Rauchlochweg (Abb. 8).

Abb. 8: Der Bremsberg der Basaltbahn, 1930 kurz nach der Stilllegung. Zur Orientierung: Rechts liegt der alte Handballplatz, links unten entschwindet die Alsstraße. Die lange gerade Linie ist der Bremsberg. Im oberen Bereich sieht man das Gebäude in dem die Technik untergebracht war. Quelle: Stadt Bonn
Die Mauer an der Alsstraße sollte verhindern, dass herabkommende Loren auf die Straße kippen konnten. Jene Mauer ist heute das letzte sichtbare Überbleibsel dieser Anlage, aus ihr entspringt das so genannte „Brünnchen“. Oberhalb und unterhalb dieses Bremsberges hat es demnach wohl zwei verschiedene Betriebsebenen der Kleinbahn gegeben. Genaueres ist davon nicht bekannt, die uns bekannten Bilder lassen aber einen Betrieb mit Dampflokomotiven sowohl unterhalb als auch oberhalb des Bremsberges vermuten.

Im weiteren talwertigen Verlauf verlief die Trasse der Bahn parallel zur heutigen Straßenbahn bis etwa zur Höhe der heutigen Jakobstraße. Dann querte die Kleinbahn die Oberkasseler Adrianstraße und die heutige Königswinterer Straße, diese wurde zwischen Hausnummer 641 und 643 durch die heute noch sichtbare Lücke in der Bebauung erreicht (siehe auch Abbildung 12). Die Schienen verliefen hier wohl bis in die fünfziger Jahre über die Straße, wie Augenzeugen berichteten. Anschließend durchfuhr die Bahn die ehemalige Marmeladenfabrik/Krautfabrik (heute Bereich Volksbank und REWE Markt) und erreichte schließlich das Sandloch (heute Friedensplatz), von wo aus die Gleise durch den alten Hohlweg nördlich der katholischen Kirche das Rheinufer erreichten. Dort wurden die Steine mit Schubkarren über lange Bretter in die Schiffe verfrachtet (Abb. 6). Aber auch zu der westlichen Seite des Reichbahnhofs verlief ein Gleis und endete an einer Verladerampe (Abb. 9).

Abb. 9: Verladerampe der Basaltbahn im Staatsbahnbahnhof. Quelle: Archiv H O

Seit dem Bau der Siebengebirgsbahn kam es zwischen Basaltbahn und Siebengebirgsbahn zu einer ebenerdigen Schienenkreuzung, eine Besonderheit im Eisenbahnbau. Die Schienenkreuzung und das Bahnhofsgebäude der Siebengebirgsbahn befanden sich in unmittelbarer Nähe (Abb. 10). Durch den Niedergang der Basaltindustrie wurde der Betrieb der Basaltbahn im September 1929 eingestellt.

Abb. 10: Der ehemalige Bahnhof der Siebengebirgsbahn, im Vordergrund das kreuzende Gleis der Basaltbahn. Quelle: Archiv H O

Der Betrieb der Siebengebirgsbahn begann am 1. Oktober 1911. Da es Probleme beim Grunderwerb auf der Strecke nach Königswinter gegeben hatte, konnte der Betrieb zunächst nur bis Oberdollendorf, 1913 dann bis Königswinter und erst 1925 bis Bad Honnef geführt werden. In Oberkassel entstand dafür der bereits genannte Bahnhof an der Teichstraße (Abb. 10).

An der Zipperstraße baute man ein Bahnwärterhäuschen, das für die Signalanlagen in diesem Abschnitt zuständig war, und in Römlinghoven entstand ein Haltepunkt (Abb. 11). Dieser lag bereits an der gleichen Stelle, wo sich heute die Haltestelle Oberkassel Süd/Römlinghoven befindet. Die betreibende Bahngesellschaft trug den Namen „Elektrische Bahnen der Kreise Bonn Stadt, Bonn Land und des Siegkreises“. Im allgemeinen Sprachgebrauch setzte sich aber der Name“ Siebengebirgs – und Siegburger Bahn“ durch, abgekürzt SSB.

Abb. 11: Haltepunkt in Römlinghoven am 19.05.1966. Quelle: Sammlung Volkhard Stern

Für den Betrieb kam das preußische Kleinbahngesetz zur Geltung. Es handelte sich also nicht um eine Straßenbahn. Vielmehr führten die Züge zu bestimmten Zeiten sogar Marktwagen mit sich, mit denen die Bauern entlang der Strecke ihre Waren zum Bonner Markt transportieren konnten. Dies stellte sich aber schon bald als unrentabel heraus. Die Trasse wurde zunächst nur eingleisig ausgeführt, aber bereits für einen zweigleisigen Betrieb vorbereitet. Nur in den Bahnhöfen waren Ausweichgleise vorhanden. Der Bau der Strecke wurde durch die Berliner Firma Siemens-Schuckert durchgeführt. Die Betriebsspannung betrug zunächst 1000 Volt und die Höchstgeschwindigkeit lag bei 50 km/h. Zunächst fuhren die Züge nur im Stundentakt, der damals an den Sonntagen verdichtet wurde. Anders als heutzutage fuhren also die meisten Züge am Wochenende. Dies rührte daher, dass die Strecke damals vor allem am Wochenende von Bonner Touristen lebte, die das Ziel Königswinter anstrebten. Da dieser Wochenendverkehr so dermaßen anschwoll, dass an schönen Sommersonntagen „Alles unterwegs war, was Räder hatte“, beschloss die SSB die Strecke zweigleisig auszubauen. Dies geschah in den Jahren 1926-1928. Im Bereich Oberkassel verläuft die Siebengebirgsbahn in einem alten Rheinarm, der bis zum Bau der Bahn teilweise noch Wasser führte. Der Rennensche Weiher nördlich von der heutigen Cäcilienstraße (ehemals deshalb den Namen Weiherstraße führend) war der letzte wasserführende Teil dieses Arms. Auch zwischen Cäcilienstrasse und Zipperstrasse ist 1906 noch ein Weiher deutlich erkennbar (Abb. 12).

Abb. 12: Auf dieser Karte von 1906 sind die Weiher am Ende der Weiherstraße (heute Cäcilienstraße) noch deutlich sichtbar. Auch der Verlauf der Basaltbahn ist eingezeichnet. Quelle: Archiv H O

Da der Weiher auch den Römlinghovener Bach aufnahm, musste ein großer Kanal angelegt werden, der auch heute noch unter Cäcilienstraße und Kastellstraße verläuft. Dabei entwässert ein von Römlinghoven kommender Kanal unter der Adrianstraße den Römlinghovener Bach, und ein Kanalzweig entwässert das Wasser des Bereiches Weidenstraße. Wie aus einem Vertrag der Gemeinde Oberkassel und der Betreibergesellschaft vom 18. Juli 1910 ersichtlich, verpflichtete sich die Gemeinde Oberkassel, diesen Kanal zu bauen. Er füllte sich aus den beidseitigen Bahngräben der Bahn. Die Tatsache des alten Rheinarms kann man heute noch gut am Bahnkörper nachvollziehen. Denn so verläuft dieser zwischen den Haltestellen Oberkassel Nord und Oberkassel Süd weitestgehend auf einem aufgeschütteten Damm, der das Gelände teilweise um etwa 1,5 m überragt. Nachdem der Zweite Weltkrieg etwa ab März 1945 eine Einstellung des Betriebes der Siebengebirgsbahn mit sich brachte, konnte ein teilweiser Betrieb ab Sommer 1945 wieder hergestellt werden. Von Beuel bis Römlinghoven wurde der Betrieb am 12.12.1945 wieder aufgenommen. Weiter bis Bad Honnef ging es dann ab dem 16.8.1946. In den 1950er Jahren wurde durch neue Fahrzeuge eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ermöglicht. Dabei konnte die Betriebsspannung der Strecke am 28. Dezember 1960 auf 600 Volt heruntergefahren werden. Gleichzeitig wurde die Eisenbahnbetriebsordnung durch diejenige der Straßenbahn ersetzt. Ab nun handelte es sich also nicht mehr um eine Eisenbahn, sondern tatsächlich um eine Straßenbahn im heutigen Sinne. Am 01.01.1961 wurde der Oberkasseler Bahnhof außer Betrieb genommen (Abb. 13).

Abb. 13: Aufnahme vom 01.01.1961 auf dem Schild wird auf die neuen Bahnsteige an Alsstraße und Zipperstraße verwiesen. Quelle: Fotograf Manfred Schoen / Sammlung Hans-Peter Arenz

Das Bahnhofsgebäude befand sich bis Anfang 2014 im Eigentum der SSB und ging im Januar 2014 endgültig in Privatbesitz über. Bis 1961 fand der Passagierzustieg hier in beide Richtungen nur von einem zur Teichstraße liegenden Bahnsteig statt. Nach dessen Stilllegung wurden die beiden Haltestellen auf Höhe der Zipperstraße und der Alsstraße in Betrieb genommen. Auch dessen Lage wurde später aufgrund der ungünstigen Schrankenschaltungen noch verändert.

Lediglich der Bahnsteig Richtung Bonn in Oberkassel Nord entspricht noch der Lage von 1961. Wegen der kommunalen Neuordnung am 01. August 1969 wurde der Name der Betreibergesellschaft in „Elektrische Bahnen der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises“ geändert. In den siebziger Jahren wurde bei der SSB der Stadtbahnwagenbetrieb eingeführt. Diese Fahrzeuge befuhren mit der Fertigstellung der Südbrücke 1981 nun auch den Bereich Oberkassel. Bis 1988 fuhren die Stadtbahnwagen nur bis Oberkassel, danach bis Königswinter. 1994 ersetzten dann die Niederflurwagen der Straßenbahnlinie 62 die alten Achtachser dieser Strecke, und so ist das Bild, wie wir es in das Jahr 2014 hinein kennen geblieben. Eine Vergrößerung bzw. Anhebung von Teilen der Haltestellen, um ein ebenerdiges Einsteigen auch in die Stadtbahnwagen zu ermöglichen, lässt derweil noch auf sich warten. Mittlerweile wurde die Oberleitungsspannung auf etwa 800V festgesetzt und die Höchstgeschwindigkeit beträgt 80 km/h. Seit dem 01. Januar 2014 sind die Mehrheitsanteile der SSB an die SWB Verkehrsgesellschaft übergegangen.

Bei der Bundesbahn verschwanden in den letzten Jahren zahlreiche Spuren. Zurzeit ist sie noch mit ihrem Bahnhof für den Personenverkehr präsent. Die alten Anschlussgleise für Zementfabrik, Sackfabrik und Basaltabbau sind fast komplett verschwunden.

Ein Stück Eisenbahngeschichte lebt aber weiter: Eine alte Werkslokomotive der Zementfabrik hat eine neue Bleibe etwas Rhein aufwärts gefunden. Unter der Bezeichnung D8 ist sie nun als normalspurige Rangierlok bei der Brohltalbahn im Hafenbetrieb eingesetzt. Vielleicht geht es auch im Oberkasseler Bundesbahnhof bald wieder aufwärts, soll doch die geplante S13 in Oberkassel ihren Endbahnhof finden.

Die Entwicklung der Eisenbahn ist also noch nicht abgeschlossen, so viele Schienenkilometer wie, sie allerdings noch in den 1920er Jahren besaß, werden wir wohl so schnell nicht wieder erleben können.

Quellen:

Adolf Hombitzer: Aus Vorgeschichte und Geschichte Oberkassels und seiner Umgebung 1959
Köln-Bonner Verkehrsmagazin Ausgaben: 33-35 (alle 2014)
Heimatverein Oberkassel: Oberkasseler Persönlichkeiten 1993
Archivbilder Heimatverein Oberkassel (Abgekürzt H O)
Archivbilder Paul Josef Franzen, Reiner Bimmermann, Hans-Peter Arenz, Wolfgang R. Reimann, Ulrich Theurer, Volkhard Stern
Augenzeugen: Hans Georg Dreidoppel, Rainhard Becker, Christian Freistedt, Ulrich Freistedt
Stadtwerke Bonn Service GmbH
Luftbildaufnahmen der Stadt Bonn aus dem Jahr 1930
http://de.wikipedia.org/wiki/Trajekt_Bonn%E2%80%93Oberkassel
http://de.wikipedia.org/wiki/Schiffswerft_Schmidt/